Trotz seiner langjährigen Tradition, seiner funktionellen Vorteile und seines romantischen Charmes ist der Ruf des Korkens als Flaschenverschluss durch einen unangenehmen Nebeneffekt getrübt. Der Korken enthält Stoffe, von denen schon wenige Nanogramm ausreichen, um den Geschmack eines guten Weins zu verderben. Dieses als Korkton oder Korkgeschmack bekannte Phänomen führte zum vermehrten Einsatz von Synthetik- oder Schraubverschlüssen. Damit der Korken wieder seinen Platz zurückerobern kann, hat das Unternehmen Diam Bouchage das erste Verfahren zur Korkreinigung entwickelt. Dieses basiert auf Flüssigkeitsextraktion. Der Systemintegrator Natex setzte bei seiner Lösung von der Feldebene über die Qualitätssicherung bis hin zur integrierten Sicherheit in jeder Hinsicht auf B&R.

(Quelle: Diam Bouchage)

Nasser Hund, verschimmelte Pappe, modriger Keller – die Aromabeschreibungen für korkenden Wein verheißen nichts Gutes – eine solche Flasche ist ungenießbar. Das Risiko des Korktons ist eines der häufigsten Produktionsfehler bei Flaschenwein, der zum Umstieg auf Synthetik- und Schraubverschlüssen geführt hat. Weinliebhaber mussten bestürzt feststellen, dass ihr Lieblingswein jetzt einen Schraubverschluss hat. Diese neuen Verschlüsse können aber auch zu anderen Geschmacksnoten führen und eignen sie sich zudem nicht für Weine, die über sehr lange Zeit reifen müssen.

Hochmoderne Technologie für ein authentisches Aroma

Um die funktionellen und ästhetischen Vorteile von Korkverschlüssen beizubehalten, ohne dabei das Risiko der unangenehmen Nebeneffekte einzugehen, hat der führende französische Korkenhersteller Diam Bouchage ein Verfahren zur Extraktion von Trichloranisol (TCA) entwickelt. Dabei wurde ein Verfahren gegen die Hauptursache von Korkton und 150 anderer Moleküle mit unerwünschten aromatischen Auswirkungen entwickelt. Das Ergebnis daraus heißt Diamant. Dieses revolutionäre Verfahren basiert auf der superkritischen Flüssigkeitsextraktion (SFE) mithilfe von Kohlendioxid. Superkritisches Kohlendioxid wird etwa auch zum Entkoffeinieren von Kaffee und zur Extraktion von Duftstoffen und essenziellen Ölen verwendet. Mit dem Einsatz von SFE in der Korkreinigung beschreitet Diamant jedoch Neuland.

Durch den Erfolg dieses innovativen Verfahrens konnte Diam Bouchage seine Produktion deutlich steigern und die Hauptniederlassung in Céret um ein neues Werk für die Korkreinigung erweitern. 2 Werke bestehen bereits in Spanien. Mithilfe des Diamant-Prozesses reinigt dieses Werk zusätzliche 3.600 Tonnen Korkgranulat, wodurch Diam Bouchage pro Jahr insgesamt 2 Milliarden Korken oder 10% der weltweit produzierten Korkenmenge herstellen kann. Für die Entwicklung des Korkreinigungswerks und die optimale Integration am Standort – von der Formung und Markierung über die Beschichtung bis hin zur Endbearbeitung – wandte sich Diam Bouchage an seinen langjährigen Partner Natex, einen österreichischen Systemintegrator und Anlagenbauer, der auf die Umsetzung von SFE-Prozessen spezialisiert ist.

Neben verteilten Überwachungsfunktionen bieten die B&R-Bedienterminals dem Anlagenbetreiber eine Reihe wichtiger Aufgaben - vom Öffnen und Schließen der Hochdruckschnellverschlüsse bis zum Starten des Subsystems das jeden Extraktor mit Kork füllt oder leert. (Quelle: Diam Bouchage)

Flexible Werksautomatisierung mit APROL

Von der Software für die Prozesssteuerung APROL bis zu den Regelungssystemen X20 auf Feldebene automatisierte Natex das gesamte Werk mit B&R-Technologie. Natex benötigte eine flexible Automatisierungslösung, die den Kunden eine schnelle Prozessimplementierung ermöglicht. „Wir hatten in der Vergangenheit bereits 2 kleinere Werke im Pilotversuch mit APROL ausgestattet, also wussten wir, dass wir auf die Flexibilität und Zuverlässigkeit der B&R-Systeme zählen konnten”, sagt Harald Huber, leitender Techniker bei Natex, der für die Elektrotechnik, Instrumentierung und Regelsysteme verantwortlich ist.

Das von Natex umgesetzte APROL-System deckt das gesamte SFE-Werk ab und umfasst ca. 2.500 I/Os. Es besteht aus 3 Stationen für den Hauptbetrieb mit 4-facher Vorauswahl, einer Technikstation und 2 redundanten Laufzeitservern. Über das lokale Netzwerk von Diam Bouchage lassen sich zudem bis zu 5 entfernte Betriebsstationen anschließen. “Die Rückmeldungen der Werksbetreiber in Bezug auf die Bedienfreundlichkeit waren überaus positiv”, berichtet Huber. „Besonders hohen Anklang finden die Funktionen für die Prozessanalyse und -protokollierung von APROL, wie TrendViewer, AuditTrail und ShiftLog.”

Hochdruckextraktion erfordert eine genaue Überwachung und Steuerung von Prozessdaten aus den 50 Steuerventile des Systems und 300 analoge Sensoren. Die Natex Lösung verfügt über vier X20-Controller und 450 X20 I / O-Module über 32 POWERLINK-Netzknoten verteilt. (Quelle: Diam Bouchage)

Superkritisches CO2 mit 450 X20-Modulen unter Kontrolle

Wird eine Flüssigkeit über ihre kritische Temperatur erwärmt und über den kritischen Druck komprimiert, geht sie in einen superkritischen Zustand über und ist diesem Zustand weder vollständig gasförmig noch flüssig. Daraus können ungewollte Stoffe aufgelöst und einzeln extrahiert werden. Als superkritisches Fluid kommt für den Diamant-Prozess Kohlendioxid zum Einsatz, ein chemisch inertes, ungiftiges Gas und umweltfreundliches Lösungsmittel, das keine Rückstände hinterlässt und somit ideal geeignet ist.

Das von Natex umgesetzte SFE-Werk umfasst 3 Reinigungslinien und eine gemeinsame Produktionslinie. Jede dieser Reinigungslinien besteht aus einem Verdichter, einem Extraktor, einem Abscheider, einem Filter und Wärmetauschern. Die gemeinsame Linie, die mit allen 3 Reinigungslinien interagiert, umfasst einen Tank für die Kohlendioxidspeicherung und -zuführung, einen Kondensator, einen Vorwärmer und den Rückgewinnungsverdichter.

Bei einer Durchflussrate von mehreren Tausend Kilogramm pro Stunde wird Kohlendioxid durch den Extraktor gepumpt. Hier werden die unerwünschten Bestandteile aus dem Kork gelöst. Im nächsten Schritt wird der Druck herabgesetzt und das Kohlendioxid verdampft, wodurch die zuvor im Abscheider extrahierten Bestandteile freigesetzt werden. Wieder in Form eines sauberen Gases wird das Kohlendioxid durch einen Filter geleitet, damit die verbleibenden Partikel entfernt werden – daraufhin startet der Zyklus erneut.

Da der Chargenprozess unter hohem Druck stattfindet, erfordert die Diamant-Reinigung eine präzise Überwachung und Regelung der Prozessvariablen, wie von Druck, Temperatur und Durchflussrate an verschiedenen Abschnitten des Werks. Das Werk umfasst insgesamt 50 Steuerventile und rund 300 Analogsensoren. Zur Erfassung von Prozessdaten hat Natex 4 X20-Regler integriert, einen für jede Linie. Zudem wurden 450 I/O-Module des Typs X20 über 32 POWERLINK-Netzwerkknoten verteilt.

Fast alle Sensorsignale werden von X20 HART-Eingangsmodulen verarbeitet. Die Temperatursignale sind mit ihren eigenen X20 PT100-Temperaturmodulen ausgestattet. In Verbindung mit den X20 HART-Ausgangsmodulen übernehmen Regelventile mit elektromagnetischen Stellungsreglern die präzise Ansteuerung des Arbeitsdrucks und erweitern oder verringern die Kohlendioxidmenge aus dem Reinigungszyklus je nach Bedarf. Die HART-Daten werden in Echtzeit über das POWERLINK-Netzwerk übertragen und an die APROL-Betriebsstation weitergeleitet.

Zentral und doch verteilt – Regelung dort, wo Bedarf besteht

Der DTM-Server des X20-Reglers ermöglicht einen einfachen und vollständigen Zugriff auf die im Werk eingesetzten HART-Feldgeräte. Das ermöglicht eine bessere Diagnose und eine einfache Konfiguration. Neben den über POWERLINK gesteuerten Anlagen integriert das APROL-System zudem die Antriebe mit variabler Drehzahl für Pumpen und Verdichter auf Grundlage von PROFIBUS DP.

Für die vor Ort durchzuführenden Betriebs- und Wartungsarbeiten wurden im Werk 11 B&R-Bedienterminals vom Typ Power Panel T30 positioniert. Neben den verteilten Überwachungsfunktionen ermöglichen diese den Anlagenbetreibern die Ausführung verschiedener wichtiger Aufgaben. Dazu zählen unter anderem das schnelle Öffnen und Schließen der Schließmechanismen für den Hochdruckbereich oder das Befüllen des Extraktors mit Korken über ein spezielles Untersystem. Die Terminals unterstützen das Wartungsteam auch beim Testen der Verdichter nach der Durchführung von Servicearbeiten.

11 Bedienterminals von B&R sind im von Natex realisierten Korkreinigungswerk verteilt. Natex ist der Systemintegrationspartner von Diam Bouchage, ein Spezialist auf dem Gebiet der superkritischen Flüssigkeitsextraktion. (Quelle: Diam Bouchage)

Harald Huber, Elektrotechnik, Instrumentierung und Steuerung, Natex

„Wir standen ständig in engem Kontakt mit den Entwicklungs- und Support-Teams von B&R und hatten einen schnellen und direkten Zugang zu Ersatzteilen, was gegenüber anderen Anbietern ein wichtiger Vorteil ist.”

Ausfallsichere Regelung für den Hochdruckprozess

Der Diamant-Prozess muss über einen sehr langen Zeitraum kontinuierlich in Betrieb bleiben. Um die Anforderungen an eine sehr hohe Verfügbarkeit zu erfüllen, nutzte Natex die vielen Redundanzoptionen der B&R-Systeme. Neben den redundanten APROL-Laufzeitservern und dem redundanten, Ethernet-basierten Prozessbus konnte beim Bau der SFE-Anlage mithilfe eines POWERLINK-Busses in Ringtopologie außerdem ein redundantes Regelnetzwerk geschaffen werden. Durch diese Lösung wird nicht nur im Werksbetrieb für maximale Zuverlässigkeit gesorgt, der Hot-Plug-fähige Steuerschrank ermöglicht zudem eine effizientere Wartung.

Aufgrund der während des Prozesses vorherrschenden hohen Drücke und als Reaktion auf eine HAZOP-Risikoanalyse wählte Natex bestimmte Komponenten gemäß SIL 2 aus – einschließlich der schnell reagierenden Schließmechanismen an den Extraktoren. Neben anderen Maßnahmen wurde auf diese Weise dafür gesorgt, dass der Extraktor vor dem Öffnen drucklos und von der restlichen Anlage isoliert ist.

Natex setzte diese und andere Sicherheitsvorkehrungen mithilfe sicherer SPS- und I/O-Module der B&R-Serie X20 um. Diese sorgen für einen zusätzlichen Vorteil durch die integrierte Sicherheit eines geringeren Verkabelungsaufwands und einer einfacheren Wartung. Für die Anbindung der Näherungsschalter, die für die sicherheitsrelevanten Ventile erforderlich sind, kamen die Eingangsmodule X20 NAMUR und die sichere SPS X20 zum Einsatz.

4 X20-Steuerungen und 32 POWERLINK-Knoten sind in Ringtopologie angeordnet, sichere X20-Module führen die SIL2-konformen Sicherheitsfunktionen aus. (Quelle: B&R)

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