„Meines Wissens gibt es keine anderen Leuchten mit dieser Flexibilität und Genauigkeit “

Beleuchtungssysteme für die industrielle Bildverarbeitung gibt es wie Sand am Meer. Dennoch hat sich Automatisierungsspezialist B&R entschieden, ein eigenes, integriertes System auf den Markt zu bringen. Wieso diese Entscheidung, die einzig richtige war und welche Rolle dabei das Thema Integration spielt, erklärt B&R-Vision-Experte Andreas Waldl im Interview.

Herr Waldl, Hand aufs Herz, ist es wirklich notwendig, dass ein Automatisierungsanbieter wie B&R ein eigenes Beleuchtungssystem im Portfolio hat?

Andreas Waldl: Vor knapp zehn Jahren hätte ich diese Frage sicherlich noch mit Nein beantwortet. Doch dann habe ich mich grundlegend mit dem Thema Machine Vision beschäftigt. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass sich viele Anforderungen moderner Maschinen nur lösen lassen, wenn das Vision-System und die restliche Maschinenautomatisierung aus einer Hand kommen.

Nun, das erklärt, wieso B&R eigene Kameras entwickelt hat. Aber wieso auch ein Beleuchtungssystem?

Waldl: Weil für die Qualität des aufgenommenen Bildes die Beleuchtung sogar noch wichtiger ist. Im Endeffekt bestimmen der Zeitpunkt, die Intensität und die Homogenität des Lichtblitzes darüber, ob die gewünschten Vision-Funktionen fehlerfrei ausgeführt werden können. Genau dafür benötigen wir ein integriertes Beleuchtungssystem.

Was verstehen Sie in diesem Zusammenhang unter integriert?

Waldl: Schauen wir uns eine herkömmliche Leuchte an. In den meisten Fällen gibt es genau eine Möglichkeit, diese anzusteuern: einen digitalen Triggereingang. Manche Leuchten haben zusätzlich noch ein Potenziometer, um die Lichtintensität manuell anzupassen. Es gibt sicher Anwendungsfälle, in denen das ausreicht. Aber wenn die Applikation schneller ist und wechselnde Produkte gefertigt werden …

Andreas Waldl
Produktmanager Integrated Vision, B&R

…braucht es eine integrierte Leuchte.

Waldl: Ganz genau, denn so eine integrierte Leuchte bekommt mehr Informationen vom Steuerungssystem. Zuallererst natürlich einen extrem genauen Blitzzeitpunkt – bei unserem System liegt die Genauigkeit bei unter einer Mikrosekunde; und auch die Information mit welcher Farbe und welcher Intensität geblitzt werden soll, um das jeweilige Produkt optimal abzubilden. Unsere Leuchten können im Prinzip bei jedem einzelnen Bild mit unterschiedlichen Parametern arbeiten, ohne dass dadurch eine Verzögerung entsteht. Meines Wissens gibt es keine Leuchten auf dem Markt, die so flexibel und genau sind.

Wenn die Leuchten von B&R so viele Möglichkeiten bieten, sind sie dann auch kompliziert zu bedienen?

Waldl: Nein, und das ist auch ein Vorteil der tiefen Integration. Da sämtliche Variablen aus dem Steuerungssystem auch für die Vision-Funktionen verfügbar sind, können wir unseren Kunden viele Funktionen anbieten, die sie einfach in ihrer gewohnten Entwicklungsumgebung verwenden können. Der Anwender muss sich lediglich die Komponenten zusammenstellen, die er benötigt und diese dann parametrieren.

Der Anwender parametriert Licht und Kameras einfach in der B&R-Software Automation Studio.

Wenn ich Sie richtig verstehe, lassen sich all diese Vorteile nur mit einer B&R-Kamera nutzen. Ist das richtig?

Waldl: Nur zum Teil. Es ist natürlich richtig, dass sich unsere Kameras, Leuchten und Maschinensteuerungen perfekt ergänzen. Aber viele der Vorteile unserer Leuchten kommen auch zum Tragen, wenn sie mit Kameras von Drittherstellern kombiniert werden. Unser Beleuchtungssystem kann sogar manche Schwachpunkte anderer Kamerasysteme ausmerzen. Die meisten Kameras haben nämlich aufgrund des verwendeten Sensors von Haus aus einen so hohen Jitter, dass es unmöglich ist, sie exakt mit den Achsbewegungen der Maschine zu synchronisieren. Dieses Problem lässt sich jedoch einfach lösen: Unsere Leuchten blitzen mit einer Genauigkeit und einer minimalen Pulsdauer von einer Mikrosekunde. Wir haben einen Kunden, der auf diese Weise Produkte scharf abbildet, die sich mit einer Geschwindigkeit von 50 m/s bewegen.

Für wen könnte so eine Kombination aus B&R-Licht und Dritthersteller-Kamera interessant sein?

Waldl: Zum Beispiel für Systemintegratoren, die sehr unterschiedliche Anforderungen bedienen müssen. Wenn sie für bestimmte Aufgabenstellungen eine spezielle Kameralösung benötigen, können sie trotzdem unser Beleuchtungssystem einsetzen. Dazu verwenden sie einfach eines unserer Standard-Interface-Module und binden ein oder mehrere B&R-Leuchten in ihr Maschinennetzwerk ein.

Alle Leuchten von B&R lassen sich mit bis zu vier unterschiedlichen LED-Farben ausstatten.

Geht das nicht auch mit anderen externen Blitzcontrollern?

Waldl: Unser System eröffnet weit mehr Möglichkeiten als ein handelsüblicher Blitzcontroller. Diese können nur hartverdrahtete externe Triggerquellen verwenden und auch nur eine definierte Anzahl an Leuchten ansteuern. Bei B&R reicht die Bandbreite von einer Leuchte bis hin zu einer Kombination aus beliebig vielen Leuchten, die über frei wählbare Variablen und Signale getriggert werden können. Der Anwender kann mit Hard- und Software aus dem Standard-Portfolio von B&R eine völlig flexible Controller-Lösung erstellen, die über eine eigene webbasierte Bedienoberfläche verfügt. Diese Lösung kann dann mit beliebigen Kommunikationsprotokollen angesprochen werden, natürlich auch mit OPC UA. Und für die Erweiterung um Ethernet TSN ist das B&R-System auch schon vorbereitet.

Sie bieten nun Kameras, diverse Leuchten und die dazugehörigen Software-Funktionen an. Ist das B&R-Vision-Portfolio damit vollständig?

Waldl: Wir haben einen sehr guten Grundstock auf den Markt gebracht – damit lassen sich schon viele Aufgabenstellungen hervorragend lösen. Aber wir haben noch lange nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Wir entwickeln bereits an weiteren Lösungen und Produkten, mit denen wir unser Portfolio in den kommenden Jahren ergänzen werden. Zu Details kann ich mich im Moment leider noch nicht äußern. Aber so viel kann ich schon verraten: Wir sind noch lange nicht am Ziel unserer spannenden Reise.

Das B&R-Vision-System

Das B&R-Vision-System

B&R hat von Grund auf eine eigene Machine-Vision-Lösung entwickelt und vollständig in sein Steuerungssystem integriert. Vision-Applikationen lassen sich nun schneller umsetzen. Steuerungstechnik und Vision kommen erstmals aus einer Hand, deswegen sind die Gesamtkosten deutlich niedriger.

Die Vision-Lösung besteht aus einem Beleuchtungssystem, Kameras und intelligenten Bildverarbeitungsalgorithmen. Die Beleuchtung ist wahlweise in die Kameras integriert oder als externes Gerät verfügbar und wird automatisch mit dem Bildeinzug synchronisiert.

Die tiefe Integration eröffnet Möglichkeiten, die weit über die Qualitätssicherung hinausgehen. Die Informationen des Vision-Systems können in Echtzeit in Regelkreise eingebunden und für die Maschinensteuerung verwendet werden. Achsbewegungen und Kamera werden mikrosekundengenau synchronisiert.

Das Beleuchtungsportfolio von B&R

Das Beleuchtungsportfolio von B&R

Das Beleuchtungsportfolio von B&R umfasst Backlights, Balkenleuchten und Ringleuchten in unterschiedlichen Ausführungen. Zudem sind auch Kameras mit bis zu 64 integrierten LEDs erhältlich. Jede Leuchte verfügt über einen integrierten Blitzcontroller und lässt sich gleichzeitig mit bis zu vier unterschiedlichen LED-Farben ausstatten. Die Auswahl reicht von Weiß, über mehrere sichtbare Farben, bis hin zu Infrarot und Ultraviolett. Dadurch lassen sich Kontrast, Lichtfarbe, Ausleuchtung und Belichtungsstärke optimal für jede Anwendung anpassen.

Die flexiblen Balkenleuchten verfügen über einen elektronisch verstellbaren Abstrahlwinkel von -40 ° bis +90 °. Die Balkenleuchten stehen auch als fertig konfigurierte vier-, sechs- und achtfache Ringleuchte zur Verfügung. Alle B&R-Beleuchtungssysteme benötigen lediglich ein Kabel. Über einen M12-Hybridanschluss werden Leuchte und Kamera in das Maschinennetzwerk eingebunden und gleichzeitig mit 24 VDC versorgt. Ein zweiter Hybridanschluss ermöglicht Daisy-Chain-Verkabelungen mit weiteren Leuchten oder Kameras.

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