Mit der Kennzahl der Gesamtanlageneffektivität (OEE) als Hilfsmittel lässt sich die Produktivität von Maschinen und Anlagen verbessern. Bei älteren Bestandsanlagen war es bisher jedoch aufwändig, die benötigten Daten für den OEE zu ermitteln. Jetzt gibt es eine Lösung, die Betriebsdaten von bisher unvernetzten Anlagen automatisiert erfasst, vereinheitlicht und analysiert sowie die OEE-Kennzahl in Echtzeit berechnet.

Moderne Technologien und durchgängige Maschinennetzwerke machen das Erfassen und Auswerten von Maschinen- und Betriebsdaten einfach und ermöglichen, Konzepte für Industrie 4.0 und das Industrial Internet of Things (IIoT) umzusetzen. Das alles lässt sich bei sogenannten Greenfield-Projekten – also neuen Maschinen und Anlagen auf der grünen Wiese – leicht realisieren. Für den Großteil der Maschinen- und Anlagenbetreiber ist die Umsetzung jedoch schwieriger.

„Ein Unternehmen kann nicht einfach alle seine Fabriken von Grund auf neu aufbauen“, sagt René Blaschke, Expert Industrial IoT for Brownfields bei B&R. Daher müssen auch Bestandsmaschinen für Industrie-4.0-Konzepte fit gemacht werden. In einem ersten Schritt heißt das: eine Möglichkeit schaffen, die Betriebsdaten automatisiert und einheitlich erfasst. Im nächsten Schritt lässt sich daraus die OEE-Kennzahl ermitteln, die Verluste einer Maschine aufdeckt und als Grundlage dient, die Produktivität zu steigern.

Daten von Brownfield-Anlagen automatisiert erfassen

In vielen Werken erfassen Maschinenbediener Betriebsdaten nach wie vor mit Stift und Papier. „Die Auswertung der Daten machen dann Analysten in ihren Büros“, sagt Blaschke. Das klingt nicht nach einer Echtzeitauswertung, wie sie im Industrial-IoT-Zeitalter gefordert wird. Es kann auch nicht erwartet werden, dass die Daten standardisiert und einheitlich von jeder Schicht erfasst werden. „Das ist bisher ein großes Problem bei der Betriebsdatenerfassung“, hebt Blaschke hervor. Außerdem lassen sich unterschiedliche Maschinen dadurch nur schwer vergleichen.

Maschinen in der Industrie weisen eine lange Lebenszeit auf. In der Regel laufen sie 25 bis 30 Jahre – eine vor 15 Jahren installierte Maschine läuft also mindestens noch weitere 10 Jahre. So lange kann kein Unternehmen warten, bis es auf Industrie-4.0-Konzepte umsteigt. „Deswegen heißt es, die restliche Laufzeit der Brownfield-Anlagen zu überbrücken“, sagt Blaschke.

Für Maschinen- und Anlagenbetreiber bedeutet das, eine Möglichkeit zu finden, mit der sie Daten bisher unvernetzter Maschinen und Anlagen zuverlässig sammeln und auswerten können. Mit dem Konzept der Orange Box von B&R ist das einfach möglich, wie Blaschke erläutert: „Mit der Orange Box lassen sich zum Beispiel ungeplante Anlagenstopps reduzieren und damit die Verfügbarkeit der Maschinen oder Linien erhöhen. Damit steigt die Wirtschaftlichkeit der Produktionsanlage.“

Nachricht auf das Smartphone

Über die Orange Box bekommt der Maschinenführer zum Beispiel bei einer offenen Schutztür unmittelbar eine Nachricht auf sein Smartphone. Er kann dann sofort reagieren, die Tür schließen und den ungeplanten Stopp beenden. Auch die Häufigkeit der ungeplanten Stopps wird klar dokumentiert, sodass für ihn offensichtlich ist, wo Verbesserungsmaßnahmen nötig sind.

Vergleiche der Produktivität zwischen Maschinen, Linien oder Schichten sind ebenfalls möglich und lassen auf einen Blick erkennen, wo Verbesserungspotenzial ist. „Häufig sind es dann einfache Maßnahmen, mit denen die Produktivität signifikant gesteigert werden kann“, sagt Blaschke. Dabei kann es sich zum Beispiel um ein besseres Synchronisieren von Wartungs- und Pausenzeiten handeln.

Einfaches technisches Konzept

Das technische Konzept der Orange Box ist einfach. Eine B&R-Steuerung greift die Maschinendaten entweder über verdrahtete I/Os oder direkt über Kommunikationsprotokolle von der Maschinensteuerung ab. Bei B&R-, Siemens- oder Rockwell-Steuerungen, werden die Daten zum Beispiel über die jeweiligen Protokolle INA, ISO on TCP und EtherNet/IP direkt abgegriffen und von der Orange Box in OPC-UA-Nachrichten aufbereitet und verarbeitet.

„Die ausgewerteten Daten, also zum Beispiel die OEE-Kennzahl, können dann direkt an der Maschine angezeigt und/oder an übergeordnete Systeme weitergeleitet werden“, erklärt Blaschke. Die Orange Box verfügt über einen OPC-UA-Server, somit können alle Manufacturing-Execution-Systeme (MES) und Enterprise-Ressource-Planning-Systeme (ERP) auf die Daten zugreifen. Zudem kann die Orange Box als Edge-Gerät fungieren und Daten in die Cloud übertragen.

mapps für die individuelle Lösung

„Damit die Orange Box maximalen Nutzen bringt, muss sie einfach einzurichten und einfach zu bedienen sein“, sagt Blaschke. Daher basiert die Lösung auf den modularen Software-Bausteinen von mapp Technology. Die einzelnen mapp-Komponenten sind vorprogrammiert und tauschen automatisch Informationen aus. „Eine mapp-Komponente zu konfigurieren ist so einfach wie das Einrichten eines E-Mail-Accounts.“

Die Komponente mapp OEE liefert zum Beispiel mit wenigen Einstellungen zuverlässig die OEE-Daten für eine Maschine. „Ohne dass dafür eine einzige Zeile Code programmiert werden muss“, betont Blaschke. Im Hintergrund verfügt mapp OEE auch über eine Visualisierungskomponente. Diese kann mithilfe der HTML5-basierten Visualisierungslösung mapp View auf beliebigen webfähigen Geräten in Echtzeit angezeigt werden. Ein Dashboard zeigt alle wichtigen Daten auf einen Blick.

Pay-per-Use

Die Orange Box ist kein klassisches Produkt, sondern eine Lösung, die sich individuell an die Bedürfnisse der Maschinen und des Kunden anpasst. Mit weiteren mapps lässt sich der Funktionsumfang der Orange Box erweitern und anpassen. So lässt sich mit mapp Alarm ein Alarm-System einrichten, welches mit mapp Tweet bei bestimmten Alarmen den Maschinenbediener per E-Mail oder SMS informiert. Auch Industriestandards wie PackML sind in mapps verpackt und lassen sich ganz einfach in die Orange Box integrieren.

„Der Kunde sucht sich die Funktionen aus, die er braucht und muss auch nur für diese Funktionen zahlen – genau wie bei einer App auf dem Smartphone“, erklärt Blaschke. Das Software-Management der mapp-Technology-Plattform ermöglicht dem Anwender der Orange Box per LAN, WLAN oder über einen USB-Stick Updates zu machen, um neue mapp-Bausteine in seine Anwendung einzubinden oder die bestehenden zu aktualisieren.

Flexibel an Kundenbedürfnisse anpassbar

Neben der Software ist auch die Hardware der Orange Box modular und lässt sich nahezu beliebig anpassen. Im Minimalausbau wird eine 25mm breite Kompaktsteuerung eingesetzt. „In Kombination mit mapp OEE reicht das aus, um Daten zu erfassen und die OEE-Kennzahl einer Maschine zu berechnen“, erklärt Blaschke. Für weitere Funktionen – zum Beispiel, um ein Alarmmanagement oder ein Energie-Monitoring-System einzurichten – kann die Lösung mit weiteren Software-Komponenten und gegebenenfalls performanteren Steuerungen ausgebaut werden. Soll auch die Bedienoberfläche an den aktuellen Stand der Technik angepasst werden, stehen Panels mit integrierter Steuerung oder Panel PCs zur Verfügung.

„Die eingesetzte Hard- und Software ist vollständig miteinander kompatibel“, erklärt Blaschke. So können Anlagenbetreiber ohne Mehraufwand an unterschiedlichen Maschinen unterschiedliche Kombinationen aus Hard- und Software verwenden. Jede Brownfield-Anlage lässt sich damit optimal ins Zeitalter des Industrial-IoT transferieren.

Autor: Carmen Klingler-Deiseroth, freie Fachjournalistin

Overall Equipment Effectiveness (OEE)

Die Gesamtanlageneffektivität oder Overall Equipment Effectiveness (OEE) ist eine Kennzahl mit der die Produktivität einer Anlage gemessen wird. Dazu werden Ausschuss (Qualitätsfaktor), Produktionsgeschwindigkeit (Leistungsfaktor) und ungeplante Stillstände (Verfügbarkeitsfaktor) ermittelt und in Relation zum Optimum gesetzt. Wird dieses Optimum erreicht – zum Beispiel, wenn es zu keinen ungeplanten Stillständen kommt – wird der betreffende Faktor mit 100 Prozent bewertet. Die Multiplikation der drei Faktoren ergibt die OEE-Kennzahl.

Für die Definition des Optimums der einzelnen Faktoren gibt es keine allgemein gültige Regelung, daher ist ein Vergleich der OEE-Kennzahlen unterschiedlicher Anlagen oder Fertigungsstätten nur dann sinnvoll, wenn die Berechnung der Faktoren einheitlich geregelt ist.

Die Orange Box bereitet Betriebsdaten jeder Maschine oder Anlage übersichtlich auf.
Eine Produktion mit vielen ungeplanten Stillständen (links) lässt sich mit Hilfe der Orange Box optimieren zu einer Produktion in der ungeplante Stillstände eine seltene Ausnahme sind.

„Mit der Orange Box lässt sich die Verfügbarkeit von Maschinen und Anlagen erhöhen.“
René Blaschke, Expert Industrial IoT for Brownfields bei B&R

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