Es war ein ungewohnter Anblick: Auf der SPS IPC Drives 2018 standen Vertreter aller großer Automatisierungsunternehmen dicht gedrängt auf der Bühne im Veranstaltungscenter der Nürnberger Messe. Gemeinsam verkündeten sie eine Botschaft, die große Auswirkungen für Maschinenbauer und -betreiber haben wird: OPC UA over TSN wird der einheitliche Standard für die Kommunikation im Industrial IoT.

Das Bekenntnis zu einem gemeinsamen Standard läutet eine neue Ära ein. Eine Ära in der Maschinenbauer und -betreiber nicht mehr mit der Parallelexistenz zahlreicher unterschiedlicher Kommunikationsprotokolle kämpfen müssen. Die Zeiten, in denen Maschinenbauer eine Maschine in Varianten mit unterschiedlichen Steuerungs- und Bussystemen anbieten müssen, sind vorbei.

Ein Standard für das IoT

„Vor einigen Jahren hat sich abgezeichnet, dass die Industrial-Ethernet-Protokolle an ihre Grenzen geraten“, erklärt Stefan Schönegger, Vice President Strategy and Innovation bei B&R. Neben der Bandbreite und den Zykluszeiten waren es besonders die Anforderungen des Industrial IoT, die eine neue Technologie erforderten. „Wir machten uns also Gedanken, wie die nächste Evolutionsstufe der industriellen Kommunikation aussehen könnte“, sagt Schönegger. „Wir sammelten die Anforderungen unserer Kunden und uns wurde sehr schnell klar, dass es neben den technischen Themen auch einen weiteren großen Schmerzpunkt gibt: die Heterogenität der Protokolle und das Fehlen eines weltweit gültigen, einheitlichen Standards.“

„Also haben wir – B&R und der Netzwerkspezialist TTTech – im September 2016 interessierte Automatisierungshersteller und IT-Unternehmen eingeladen, um über die Etablierung eines solchen Standards auf der Basis von OPC UA und der Ethernet-Erweiterung TSN zu sprechen“, sagt Schönegger. Bei diesem Treffen wurde die OPC-UA-TSN-Initiative gegründet, die später unter dem Namen „Shapers“ bekannt wurde.

Schnittstellenfreie Kommunikation

Die Vision der Gruppe war eine offene, schnittstellenfreie Kommunikation vom Sensor zur Cloud – inklusive der notwendigen Echtzeiteigenschaften für hochsynchrone Antriebstechnik. Ziel war eine Performancesteigerung bis zu einem Faktor 18 im Vergleich zu allen bestehenden Technologien.

Von diesem Zeitpunkt an wurden parallel die technischen Details erarbeitet und die Gruppe der Shapers regelmäßig erweitert. „Bis 2018 traten viele große Hersteller von Automatisierungstechnik unserer Initiative bei“, sagt Schönegger. „Die Branche glaubt an OPC UA over TSN als gemeinsamen Standard und möchte die Technologie aktiv mitgestalten.“

Die Rolle der OPC Foundation

„Die Shapers waren nur ein loser Zusammenschluss“, sagt Schönegger. „Um für die Zukunft gerüstet zu sein, suchten wir eine Heimat für OPC UA over TSN und fanden sie schließlich in der OPC Foundation.“ Dazu wurde innerhalb der Organisation ein dediziertes Steering Committee bestehend aus 22 Branchenschwergewichten für die neue Technologie eingerichtet. Zudem wurden drei weitere Global Player der Automatisierung in das Board der OPC Foundation aufgenommen: Schneider Electric, Rockwell und die B&R-Konzernmutter ABB.

Die ersten Produkte

Mittlerweile sind die grundlegenden Spezifikationen für den Publish-Subscribe-Mechanismus von OPC UA und die wesentlichen Sub-Standards für TSN sind abgeschlossen. Dazu gehören die Standards IEEE802.1AS für die Zeitsynchronisation und IEEE802.1qbv für die garantierte Laufzeit der Daten im Netzwerk. „Nun arbeiten wir bereits mit Hochdruck daran, OPC UA over TSN in unser komplettes Portfolio zu bringen“, erklärt Schönegger. Ein B&R-Buscontroller mit OPC UA over TSN steht kurz vor der Serienreife, Steuerungen und Antriebe werden folgen.

„In ein paar Jahren werden neue Maschinen nur noch mit OPC UA over TSN ausgeliefert“, zeigt sich Schönegger überzeugt. Die Vernetzung von Maschinen und Anlagen und die Umsetzung des Industrial IoT wird für Maschinenbauer und -betreiber wesentlich einfacher, wenn die heterogene Protokolllandschaft verschwindet. Die Übergangsphase soll völlig problemlos verlaufen, wie Schönegger betont: „Companion Specifications, zum Beispiel zwischen POWERLINK und OPC UA, ermöglichen, dass bestehende Maschinen und Anlagen einfach in neue Netzwerke integriert werden können."

Autor: Stefan Hensel, Unternehmensredakteur bei B&R

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